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'Landjahr' in Schleswig-Holstein © izrg

"Es gibt aber täglich noch mehrere Appelle. Nach dem Bettenappell kommen die Fingernägel dran, dann die Schuhe. ... Auch bei unserer Wäsche herrscht Ordnung. Die Taschentücher müssen Kante auf Kante liegen." - Fast militärisch streng geht es zu in den "Landjahr-Mädchenlagern". Zwischen 6.00 und 21.00 Uhr ist ausnahmslos jede Aktivität vom Frühsport und Frühstück an über den täglichen Flaggenappell und die Mittagsruhe bis hin zur Arbeit im Lager oder bei einem Bauern sowie die abschließende Abendrunde verplant. Die "Lagergemeinschaft" mit meist 60 "Landjahrpflichtigen" zählt, nicht die Einzelne. Die 14- bis 15-jährigen Mädchen sollen sich in die "Volksgemeinschaft" einordnen und schließlich den Grundsatz akzeptieren: "Du bist nichts. Dein Volk ist alles."

Das "Landjahr" ist nicht freiwillig, sondern ab 1934 zunächst in Preußen für Jugendliche beiderlei Geschlecht verpflichtend. 1936 gibt es in Schleswig-Holstein 36 Jungen- und 29 Mädchenlager; während des Krieges nimmt die Zahl der Lager ab, es leisten fast nur noch Mädchen ihr das Pflichtjahr. Das Landjahr steht in Konkurrenz zum "Reichsarbeitsdienst", der ab 1935 für männliche und ab 1939 für weibliche Jugendliche Pflicht ist, sofern sie unverheiratet und unter 25 Jahre sind.

Sind anfängliche Schwierigkeiten wie Heimweh oder Anpassungsprobleme überwunden, macht die Mehrheit der insgesamt 11.500 Mädchen, die zwischen 1934 und 1944 ihr Landjahr in Schleswig-Holstein verbringen, begeistert mit. Die Mädchen erledigen die gesamte Hausarbeit des Lagers von Kochen über Waschen und Putzen bis zum Gemüseanbau. Daneben gehören Handarbeit, Werken, Sport und "weltanschauliche Schulungen" zum Programm. Außerdem arbeiten die "Landjahrmädel" auf Bauernhöfen. Auch in die "Dorfgemeinschaft" bringen sie sich ein, basteln mit Kindern, feiern dörfliche Feste mit. Die meist aus westdeutschen und oberschlesischen Großstädten stammenden Mädchen sollen in Regionen wie Angeln, wo besonders viele Landjahrlager bestehen, das Landleben kennen lernen. Auf diese Weise auch der Verödung der Dörfer und der Landflucht entgegen zu wirken, misslingt allerdings.

Als "der Führer" Adolf Hitler 1938 Kiel besucht, dürfen 400 ausgewählte Landjahrmädel Spalier stehen; viele sind außer sich vor Freude. Auf "Landjahrbezirkstreffen" wie 1936 und 1938 Flensburg messen sich tausende Jungen und Mädchen bei sportlichen und gesanglichen Wettkämpfen. Höhepunkt eines jeden Landjahrs ist die "Großfahrt" im August: Nach langen "Märschen" wird auf Bauernhöfen im Stroh übernachtet. Es gilt als "fester Bestandteil der Erlebniserziehung" (J.-P. Leppien), das "schöne Schleswig-Holstein" zu erleben.

Siehe auch:

'Schuh-Appell'
"Landjahrmädel"

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