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Die "Kinderfachabteilung" Schleswig © izrg

Die Tarnorganisation "Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" in der "Kanzlei des Führers" richtet ab Frühjahr 1940 reichsweit knapp 30 so genannte "Kinderfachabteilungen" ein: Hebammen und Ärzte sollen Kinder mit "schweren angeboren Leiden" wie "Idiotie", "Mongolismus", "Missbildungen" und "Lähmungen" dem ‚Reichsauschuss' melden. Anhand der eingereichten "Meldebögen" entscheiden dort drei medizinische "Gutachter", unter ihnen Prof. Dr. Werner Catel: Ein rotes Kreuz bedeutet die tödliche Einweisung in eine "Kinderfachabteilung", ein blauer Querstrich die Rettung eines Kinderlebens.

Spätestens ab Ende des Jahres 1941 besteht auch in Schleswig/Hesterberg eine "Kinderfachabteilung" unter der Leitung von Dr. Erna Pauselius. Ab Februar 1942 ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie Teil der "Landes- Heil- und Pflegeanstalt" Schleswig/Stadtfeld, nun unter der Leitung von Dr. Johannes Krey beziehungsweise ab Ende 1942 von Dr. Hans Burkhardt.

In den "Kinderfachabteilungen" töten Ärzte und Pflegepersonal die so genannten "Reichsausschusskinder": In Schleswig sterben zwischen September 1939 und Mai 1945 mindestens 216 Kinder, seit Dezember 1940 steigt die Sterberate auffallend an. Aktive Tötungen sind später nicht nachzuweisen. Aber viele Kinder sterben in Schleswig an den Folgen mangelhafter Ernährung, mangelnder Pflege und unterlassener Hilfeleistung, vor allem bei infektiösen Krankheiten, laut Krankenakten allein 40 % von ihnen an Lungenentzündung. 21 der an Lungenentzündung verstorbenen Kinder werden überhaupt nicht therapiert, andere dagegen lehrbuchgerecht behandelt: Dem Anschein nach entscheidet die Schwere der psychischen Grunderkrankung beziehungsweise geistigen Behinderung über das Schicksal der Kinder.

Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt nach 1945 mehrfach, erhebt aber keine Anklage. Es werden keine Tötungen nachgewiesen, denn der Gerichtsmediziner Prof. Dr. Wilhelm Hallermann will 1964 keine Auffälligkeiten in den Krankenakten der 216 verstorbenen Kinder erkennen können. Die Tatsache, dass Dr. Burkhardt erklärter Anhänger der "Euthanasie" ist, der 1941 in einer Publikation von dem notwendigen "Gegenstoß gegen den Gemeinschaftsunfähigen" und "ausschalten" desselben spricht, ist strafrechtlich irrelevant. Dr. Burkhardt arbeitet bis 1969 als Oberarzt in der "Psychiatrischen Klinik" Schleswig-Stadtfeld.

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