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Bombenkrieg © izrg

In der Nacht vom 28. auf den 29. März 1942, dem Palmsonntag, wird Lübeck zum Versuchsobjekt der britischen "Royal Air Force", die hier 186 Flugzeugen für ihr erstes Flächenbombardement einsetzt. Nach Stunden ist die historische Altstadt ein einziges Flammenmeer, 312 Menschenleben kostet die Nacht, fast 4.000 Wohnungen sind unbewohnbar, 5.000 beschädigt.

Die Lübeckerin Gerda Söllner schreibt an ihre Schwester: "Körperlich sind wir zwar gesund geblieben, aber seelisch ist die Wunde vorläufig wohl nicht zu heilen... Hier gibt es keinen Frühling mehr, sondern nur grenzenloses Leid und Elend. Könnte man England in einer Nacht dem Erdboden gleichmachen, ich wäre mit Begeisterung dabei." Und der Monatsbericht der örtlichen NSDAP notiert: "Das Vertrauen zum Führer aber ist, wenn eine Steigerung überhaupt noch möglich ist, nur noch zuversichtlicher geworden." - Derartige Quellen sind mit Vorsicht zu lesen. Aber das strategische Ziel der alliierten Bombenangriffe, die Menschen zu zermürben, um ihren Durchhaltewillen zu brechen, sozusagen einen Keil zwischen Bevölkerung und NS-Führung zu setzen, misslingt. Auch das ist eine Lehre dieses Krieges: Bomben erzeugen Durchhaltewillen und Disziplin.

Die alliierten Luftangriffe gelten vor allem industriellen Zentren und Wohnquartieren der Großstädte. Insbesondere die mit dem britischen Kommandeur Arthur Harris verbundenen, ab 1942 geflogenen Flächenbombardements gegen die Zivilbevölkerung verstoßen gegen das Völkerrecht. Das ist den Verantwortlichen auch bewusst und nicht zu beschönigen. Allerdings gibt es eine Kulisse: Längst bevor Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast Anfang 1943 den "totalen Krieg" ausruft, behandeln die Deutschen "im Osten" weder Zivilbevölkerung noch Kriegsgefangene menschenwürdig. Auch der vermeintlich ritterliche "Luftkampf um England" bedeutet verheerende Terrorangriffe auf London wie andere Städte. Schon im ersten Kriegsjahr zeigen deutsche Piloten über dem französischen Bordeaux, dem polnischen Warschau und dem holländischen Rotterdam, dass dieser Krieg keine ethischen Grenzen kennt.

Der Lübecker Schriftsteller Thomas Mann schreibt im kalifornischen Exil: "Wenn man bedenkt, was kommen wird, was den deutschen Städten bevorsteht - gerechterweise, notwendigerweise, unentbehrlicherweise bevorsteht - so befällt einen doch ein gelinder Schrecken." Und in einer Rundfunkansprache führt er aus: "Aber ich denke an Coventry - und habe nichts einzuwenden gegen die Lehre, dass alles bezahlt werden muß."

Lübeck wird nur noch einmal Ziel im Bombenkrieg, am 25. August 1944; diesmal sterben 111 Menschen. Die relative Schonung der Stadt liegt daran, dass die Hansestadt im Rahmen der Kriegsgefangenenbetreuung des "Roten Kreuzes" der deutsche Umschlagsort für Post und Pakete wird.

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Bombenkrieg

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