v i m u . i n f o
Dansk version
grenzen politik wirtschaft gesellschaft kultur meer

Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen © izrg

Anfang der 1970er Jahre gilt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen als erfolgreich abgeschlossen.

Allen Rückkehrhoffnungen zum Trotz entwickeln die Ankömmlinge wirtschaftliche Phantasie und Energie. Die Anzahl der Handwerksbetriebe steigt von 30.000 auf zunächst 135.000, Flüchtlinge gründen Textilbetriebe, Glasbläsereien, Keramik- und Holzunternehmen. Sie existieren oft nicht lange, aber sie bedeuten einen Einstieg und tragen zum Wirtschaftsaufbau bei. Einige andere profitieren als bäuerliche „Neusiedler“ von der Abgabe landwirtschaftlicher Flächen aus dem Großgrundbesitz. Und schließlich drängten „Neubürger“ auch in die freien Berufe sowie den Öffentlichen Dienst. Schon 1948 entspricht der Anteil bei Arbeitern und Angestellten der Städte und Gemeinden ihrem Bevölkerungsanteil, bei den Polizeibeamten überwiegen sie sogar mit auffälligen 2.910 zu nur 912 Einheimischen.

Gesetzgeberische Maßnahmen flankieren die Integration: Bereits das vom Landtag 1947 verabschiedete „Flüchtlingsnotgesetz“ mit einer unter bestimmten Voraussetzungen gewährten Bevorzugung bei Wohnungsversorgung, Existenzgründung und Arbeitsplatzsuche zielte auf die Eingliederung ab. Bedeutsame Bundesgesetze folgen, das „Bundeslastenausgleichsgesetz“ 1952 und das „Bundesvertriebenengesetz“ 1953, die Entschädigungszahlungen und Förderungen bringen. In Anbetracht der besonderen Dimension des Problems aber bleibt der schleswig-holsteinische Arbeitsmarkt zunächst vergleichsweise angespannt: Im März 1950 liegt die Arbeitslosenquote beim negativen Spitzenergebnis von 28,2 %, bundesweit beträgt sie nur noch 12,2 %; die Mehrheit aller Arbeitsuchenden im Land sind Flüchtlinge. Ein Jahrzehnt später, im Jahr 1960, herrscht auch in Schleswig-Holstein Vollbeschäftigung.

Parallel zur wirtschaftlichen verläuft die gesellschaftliche Integration. Ein starkes Indiz für ihren Erfolg bildet der seit der zweiten Hälfte der 1950er Jahre zu beobachtende Niedergang der eigenen Flüchtlingspartei „Blocks der Heimatvertriebenen und Entrechteten“ (BHE). Diese Partei wird 1950 aus dem Stand in die Regierungsverantwortung katapultiert. Das bezeichnende Hauptziel des BHE lautet, das „Gastdasein“ – also einen vorübergehenden Aufenthalt im Land – zu verbessern. Das Bild einer zeitlich begrenzten Anwesenheit deckt sich auf paradoxe Weise mit Zielen „heimatverbundener“ Einheimischer, beispielsweise jener, die sich in der „Schleswig-Holsteinische(n) Gemeinschaft“ zur Abwehr der neudänischen Bewegung und der Flüchtlinge vereinigten und 1954 vier Landtagsmandate erringen. 1953 zieht der BHE in den Bundestag ein, doch noch während der Legislaturperiode kündigt sich das bundespolitische Ende der Partei an. Phasenverschoben gilt das auch für Schleswig-Holstein, 1962 ist der BHE am Ende, verfehlt mit nur 4,2 % der Stimmen den Wiedereinzug in den Landtag: Mit der Integration in ihr neues Umfeld korrespondierend engagieren sich – ehemalige – Flüchtlinge und Vertriebene fortan in den großen Volksparteien, in der SPD und vor allem in der integrationsstarken bürgerlichen Sammlungsbewegung CDU. Für eine Flüchtlingspartei besteht kein Bedarf mehr.

Um diese Inhalte anzusehen, wird der Flashplayer 9 benötigt. Zum Download
case storyFallbeispiele
multimediaMultimedia
photosAbbildungen
videoVideo
quotesZitat
metainfoKommentar der Autoren
lexiconLexikon