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Neben allen anderen Schwierigkeiten, die ein von einer Besatzung befreites Land zu lösen hat, stehen die dänischen Behörden nach der deutschen Kapitulation am 5. Mai 1945 vor einem besonderen Problem: Was geschieht mit den etwa 238.000 deutschen Flüchtlingen, überwiegend Frauen, Kinder und alte Männer, die sich auf dänischem Boden befinden? Sie sind neben zehntausenden verwundeten Soldaten zwischen Februar und Mai 1945 von der deutschen Kriegsmarine aus den östlichen Gebieten über die Ostsee evakuiert und von den deutschen Besatzungsbehörden notdürftig versorgt worden. Teilweise unter katastrophalen Bedingungen sind sie in rund 1.000 Lagern und Notunterkünften untergebracht – Wehrmachtslager, Lazarette, beschlagnahmte Schulen, Turnhallen und Fabrikgebäude.

Die deutsche Wehrmacht lässt die dänischen Behörden zunächst über den Umfang im Unklaren, es kursiert die Zahl 4.000; doch täglich laufen mehrere Schiffe mit tausenden, oft kranken und verwundeten Menschen in den Ostseehäfen ein. Viele benötigen medizinische Hilfe. Die dänische Seite hat der Wehrmacht ihre Unterstützung bei der Versorgung der Flüchtlinge zugesichert, wenn die etwa 4.000 in Deutschland inhaftierten Dänen freigelassen würden. Doch die Wehrmacht kapituliert und die Entscheidung über das Schicksal der in Dänemark lebenden Deutschen liegt nun bei den Alliierten. Und die dänischen Behörden sind gezwungen zu handeln: Die Flüchtlinge sind im Land und müssen versorgt werden.

Eine schwierige Situation für die Obrigkeit. Die hilfsbedürftigen Flüchtlinge haben dieselbe Nationalität wie die ehemaligen Besatzer, es könnten ihre Familien sein. Außerdem besteht die durchaus begründete Angst, dass NS-Kriegsverbrecher versuchen, als zivile Flüchtlinge unterzutauchen. Die Behörden versuchen, eine offizielle Linie zu finden, die sowohl den eigenen humanitären Ansprüchen und den Erwartungen der Alliierten genügt, wie auch einen Kompromiss zwischen den beiden Extremen der öffentlichen Meinung in Dänemark entspricht. Während Teile der Öffentlichkeit die notwendige Unterstützung für Hilfsbedürftige fordern, kritisieren andere Gruppen scharf die falsche Gutmütigkeit gegenüber den Familien der ehemaligen Besatzer und unter ihnen versteckte Kriegsverbrecher.

Die offizielle dänische Flüchtlingspolitik lässt sich von zwei Hauptzielen leiten: Die Flüchtlinge so schnell es geht "wieder loszuwerden" und sie bis zur Ausreise ohne Kontakt zur dänischen Bevölkerung in den schon existierenden Lagern unter notdürftiger Versorgung zu internieren. Mitte Juli erklärt das britische Hauptquartier der dänischen Regierung, dass die Flüchtlinge mindestens den Winter über in Dänemark bleiben sollen, die Versorgungslage im ehemaligen Deutschen Reich sei zu schlecht, um sie aufzunehmen.

Die dänischen Behörden müssen die Bedingungen akzeptieren und systematisieren die Flüchtlingspolitik unter der Leitung von Johannes Kjæbol als Beauftragten für die Flüchtlinge: Es gilt, die Versorgung zu kontrollieren und zu verbessern, zusätzliche Baracken und anderes Material aus Schweden zu beschaffen, Strohlager durch Betten zu ersetzen, Flüchtlinge aus kleineren in größeren Lagern mit Steingebäuden oder zumindest Baracken zusammenzulegen, auch damit die dänischen Schulen und Firmen wieder ihrem ursprünglichen Zweck dienen können. Die offizielle Politik lautet weiterhin, den Flüchtlingen "eine notdürftige, aber verantwortliche Fürsorge" zu gewähren, es ihnen gleichzeitig auf Grund eines erwünschten vorläufigen Aufenthalts aber nicht "zu gut gehen" zu lassen und sie quasi "zu verstecken".

Hinsichtlich der Lebensmittelversorgung und der grundlegenden Gesundheitsfürsorge will sich Dänemark nichts zu schulden kommen lassen. Die Ernährung ist einfach und recht eintönig, aber ausreichend. Dänische Ärzte führen Pflichtschutzimpfungen durch, ansonsten sollen aber vor allem Flüchtlinge selbst als Pflegepersonal oder Ärzte medizinische Hilfe leisten, nur in Ausnahmefällen sollen dänische Ärzte Flüchtlinge behandeln. Die Deutschen bleiben unter Bewachung und hinter Stacheldraht interniert und dürfen keinen Kontakt zu dänischen Bevölkerung haben. Es gilt das Verbot der "Fraternisierung": Private Kontakte von Dänen zu Deutschen stehen unter Strafe. Obwohl in Dänemark Arbeitskräftemangel herrscht, dürfen die Flüchtlinge nicht außerhalb der Lager arbeiten. Während die dänischen Behörden die Flüchtlinge dabei unterstützen, die deutsche Sprache und Kultur zur Wahrung ihrer nationalen und kulturellen Identität zu pflegen, ist das Erlernen der dänischen Sprache verboten. Es gilt zu verhindern, dass sich deutsche Flüchtlinge in Dänemark einleben. Argumente, die die Behörden für die streng durchgesetzte Internierung anführen, sind auf der einen Seite der Schutz der dänischen Bevölkerung vor Krankheiten und die Verhinderung des engen Kontakte zwischen deutschen Frauen und dänischen Männern, auf der anderen Seite der Schutz der Flüchtlinge vor Aggressionen von dänischer Seite.

Erst im Laufe des Jahres 1946 gelingt es Dänemark, die ersten Flüchtlinge "los zu werden"; zunächst lässt nur die britische Besatzungszone Flüchtlinge einreisen. Nach harten Verhandlungen nehmen im Laufe des Jahres 1947 auch die anderen Zonen Flüchtlinge auf; teilweise erst nachdem Dänemark als Gegenleistung Lebensmittellieferungen angeboten hat. Die letzten Flüchtlinge verlassen Dänemark im Februar 1949 nach fast vier Jahren. Als Ausgleich für die Aufwendungen erhält Dänemark in den 1950er Jahren 160 Millionen Kronen von der Bundesrepublik Deutschland.

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