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Selbstbild der Landjugend © izrg

"Der Bauer kennt die Stadt viel besser als umgekehrt der Städter das Dorf." Diesen Satz schreibt 1954 ein aufgebrachter Jugendlicher im "Schleswig-holsteinischen Bauernblatt". Die Landjugend fühlt sich von der Stadtbevölkerung nicht akzeptiert. Über Jahrhunderte haben sich die Vorbehalte zwischen den zwei Gruppen zu unumstößlichen Vorurteilen verfestigt: Die Stadtbevölkerung geht davon aus, dass auf dem Land nur "rückständige" und "ungebildete" Menschen leben. Die Landbevölkerung verurteilt hingegen das anonyme Leben der "unmoralischen" und "amüsierfreudigen" Stadtbevölkerung.

Diese Vorurteile sind in den 1950er Jahren noch allgegenwärtig. Kommen die jungen Menschen in die Stadt, werden sie aufgrund von Kleidung und Mundart rasch als Landbewohner "enttarnt". Der ländlichen Jugend ist die Meinung der Stadtbewohner trotz eines gesunden Selbstbewusstseins sehr wichtig. Sie fühlt sich von der Stadtbevölkerung durch Unwissenheit falsch beurteilt. Die Landjugend der 1950er Jahre möchte ihre Herkunft nicht weiter verleugnen, sondern selbstbewusst zu ihr stehen. Dafür sind nach Ansicht eines Jugendlichen vor allem drei Dinge notwendig - Bildung, gute Umgangsformen und ein sicheres Auftreten:

"Dieses inhaltsschwere ‚vom Lande zu sein' gibt es solange die Menschheit getrennt in Stadt und Land lebt. Manche Jahrhunderte hat man diese Bezeichnung als gegeben hingenommen und sich bemüht, seine ländliche Herkunft so oft es geht zu verleugnen oder sich so zu geben, dass man möglichst wenig mit denen vom Lande gemeinsam hatte. Dem Kreise der Landbevölkerung anzugehören, war etwas Zweitrangiges, das man an dem niedrigeren Bildungsstand, an dem ungelenken Auftreten, an unmoderner Kleidung und an Engstirnigkeit im Denken zu erkennen glaubte. Dass bei der Beurteilung dieser Landbevölkerung charakterliche Eigenschaften gar keine so große Bedeutung spielten, sondern vielmehr äußerliche Erscheinungen, ist bedauerlich, aber eine Tatsache, mit der man sich abfinden muss. ... Um die Anerkennung einer gewissen gesellschaftlichen Stellung geht es heute der Landjugend. Diese Stellung kann nicht durch Forderungen erreicht werden, sondern die Landjugend muss gewisse Leistungen aufweisen, die das Ergebnis eines erhöhten Bildungsgrades sind. Auch die umstrittenen, dennoch schwerwiegenden äußeren Dinge müssen mit in Betracht gezogen werden. Das erfordert von der Landjugend, dass sie sich gewisse Umgangsformen und Sicherheit im Auftreten erwirbt."

Diese Darstellung ist den Landjugendseiten des "Bauernblattes" aus dem Jahr 1950 entnommen. Der Verfasser fordert die Leser auf, sich durch Anpassung an die städtischen Normen den fehlenden Respekt der Stadtbevölkerung zu erwirken. Eine Herausforderung, die viele Jugendliche vom Land annehmen. Auch wenn es ihnen oft gelingt, ihre Herkunft zu bewahren und in beiden Welten sicher zu bestehen, verläuft diese Anpassung nicht ohne "Opfer", wie beispielsweise das Aussterben von Dialekten und Sprachen beweist.

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