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Flensburger Frauenzeitung © izrg

Am 28. September 1912 erlebt Flensburg eine Premiere: Erstmalig erscheint die „Flensburger Frauenzeitung“, ein Wochenblatt für Flensburg und Umgebung, mit einer Auflage von 15.000 Stück zu einem Preis von monatlich 15 Pfennig. Die neue Zeitung wird von Chr. Wolff gemacht. Doch nicht alles an dieser Zeitung ist neu, denn neben eigenen Beiträgen werden auch Artikel aus anderen Zeitungen übernommen. Um den Verkaufspreis niedrig zu halten, nimmt die Werbung gut ein Viertel der Zeitung ein.

In der ersten Ausgabe ist zu lesen, dass sich die „Flensburger Frauenzeitung“ zum Ziel setzt, „ … auf allen Gebieten der Frau ein gewissenhafter Führer und Förderer [zu] sein …“. Frauengerechte Themen bestimmen das Blatt. Die einzelnen Rubriken der Zeitung befassen sich mit „Rechtspflege“, „Kunst, Wissenschaft, Literatur“, „Küche und Haus“, „Erziehung und Jugend“ und „Spiel und Sport“. Diese Themen sollen speziell die Interessen von Frauen ansprechen, aber auch Nachrichten aus der Region, ein Kulturteil, Gedichte und Rätsel sorgen für Abwechslung und Unterhaltung. Später kommen auch noch Themen wie „Garten“ und „Mode“ hinzu.

Die Zeitung will zugleich eine Plattform und ein Diskussionsforum für die moderne Frauenbewegung sein, wobei allerdings ein neutraler und vermittelnder Standpunkt eingenommen und keine spezielle Gruppe bevorzugt werden soll. Die verschiedenen örtlichen Frauenvereinigungen sollen in der „Flensburger Frauenzeitung“ nicht nur Beachtung finden, sondern zusammen mit der Redaktion das Blatt auch aktiv mitgestalten. Allerdings stoßen derartige Aufrufe an die Frauenvereine zunächst nur auf wenig Resonanz. Aufgrund des neutralen Standpunkts nimmt die Zeitung im Hinblick auf die Frauenrechtsbewegung zunächst keine klare Position ein. Die Rubrik „Aus der Frauenbewegung“ liest sich daher wie ein ungeordnetes Sammelsurium über neue Stellen speziell für Frauen, Fortbildungsmöglichkeiten und kurze Mitteilungen über Erfolge oder Rückschläge der Frauenbewegung.

Trotz des Neutralitätsanspruchs der Zeitung bekennt die Redaktion durch die Auswahl der Artikel schon bald Farbe und schlägt sich eindeutig auf die Seite der bürgerlich-konservativen Frauenbewegung. So preist ein Artikel unter dem Titel „Die Frau in Haus und Beruf“ vom 19. Oktober 1912 die vormoderne und vorindustrielle Familienwirtschaft als „natürlich“ und „urgesund“. Eine solche Parteinahme richtet sich ganz klar gegen ein modernes Frauenbild, das die volle berufliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung der Frau anstrebt. Stattdessen wird ein veraltetes und idealisiertes Frauenbild angepriesen, das die Rolle der Frau als Mutter und in der Familie, aber nicht in einer eigenständigen Berufstätigkeit, sieht. In dieser ihrer natürlichen Bestimmung entsprechenden Rolle nutzt die Frau, so die Meinung des Artikels, der Gesellschaft am meisten. Über Forderungen nach einer umfassenden Emanzipation der Frau findet sich fortan nichts mehr in der „Flensburger Frauenzeitung“.

Mit den oben genannten Themen und dem gezeigten bürgerlich-konservativen Standpunkt bezüglich der Frauenbewegung scheint die „Flensburger Frauenzeitung“ den Geschmack ihrer Leserinnen zu treffen, denn der Leserkreis wächst rasch und die Zeitung übersteht auch die schwierige Zeit des „Ersten Weltkriegs“. Nach anfänglicher Kritik an den Kriegsvorbereitungen übernimmt die Zeitung nach Kriegsbeginn schnell die Auffassung, dass der Krieg Deutschland von „neidischen Grenznachbarn“ aufgezwungen worden sei und stimmt wie viele andere Zeitungen nationalistische Töne an. Da alle männlichen Mitarbeiter der Zeitung zum Militär eingezogen werden, übernimmt mit Margarethe Wolff eine Frau die redaktionelle Leitung. Ganz im Sinne der Parole, dass im Krieg alle Deutschen zusammenrücken müssen, verschreibt sich die „Flensburger Frauenzeitung“ nun der Stärkung der „Heimatfront“ und des Durchhaltewillens. Eine öffentliche Diskussion um die Emanzipation der Frau gefährdet nur den Zusammenhalt der Nation im Krieg. Die Frauenbewegung wird deshalb kaum noch thematisiert und es wird nur noch über solche Frauen berichtet, die wegen des Krieges die Berufe von Männern übernehmen. Auch wenn im Straßenbild immer deutlicher zu sehen ist, dass Frauen durchaus viele Männerberufe ausüben können, bleibt das Frauenbild der „Flensburger Frauenzeitung“ das alte: Die eigentliche Aufgabe der Frau liegt im Haus und in der Familie, Frauen in Männerberufen müssen eine kriegsbedingte Ausnahme bleiben, denn sie widersprechen dem natürlichen Lebensziel der Frau als Hausfrau und Mutter. Nach einem Selbstbestimmungsrecht der Frau wird man in der „Flensburger Frauenzeitung“ vergeblich suchen.

Siehe auch:

Unpolitische Frauenthemen
"Flensburger Frauenzeitung"

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