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Herbert Marxen © izrg

Der am 27. Januar 1900 in Flensburg geborene Karikaturist Herbert Marxen besucht von 1917 bis 1921 die Kunstgewerbliche Fachschule seiner Heimatstadt, bevor er - um seine Ausbildung zum Gebrauchsgraphiker zu beenden - auf die Kunstgewerbliche Schule in Hamburg wechselt, wo er erstmalig mit moderner Kunst in Berührung kommt.

Sein erster großer Auftrag ist im Stil der damaligen Formensprache jener modernen Kunst gehalten, die heute als "Art Déco" bezeichnet wird: das Plakat für die "Flensburger Nordmarktage". Für dieses Werk seiner jungen Karriere musste Marxen herbe Kritik hinnehmen; er wird regelrecht verleumdet. Aus den Äußerungen spricht eine erschreckende Feindseligkeit gegenüber der modernen Kunst. Die Anfeindungen wegen des Plakats sind so heftig, dass sie Marxens Beschluss, Flensburg zu verlassen, bestärken. 1924 kommt er nach München, wo er als freier Maler tätig ist und mit der "Neuen Sachlichkeit" in Kontakt kommt. Während einer ausgedehnten Italienreise im selben Jahr erfüllt er sich nicht nur seine jugendlichen Sehnsüchte durch die Begegnung mit der alten und neuen Kunst, die Reise öffnet ihm auch die Augen für die Wirklichkeit des italienischen Faschismus: Er stellt erste Karikaturen her.

Nach seiner Rückkehr nach Flensburg noch im gleichen Jahr lebt er am Rande des Existenzminimums, ohne feste Anstellung. 1928 lernt er den Berliner Autor Reinhard Koester (schreibt unter dem Pseudonym Karl Kinndt für den "Simplicissimus") kennen, der von seinen Arbeiten so angetan ist, dass er beschließt, Marxen aus der Enge von Flensburg herauszuholen. Marxen wird freier Mitarbeiter des "Simplicissimus". Einige Zeit später kann er für das Münchner Wochenblatt "Jugend" arbeiten, bei dem er in kürzester Zeit zum meistbeschäftigten Zeichner aufsteigt. Als fester Angestellter ab 1930 bringt er schließlich wöchentlich zwei Karikaturen heraus und fertigt in den folgenden zwei Jahren über 200 Karikaturen an, von denen sich etwa 40 mit politischen Themen beschäftigen. Er ist wohl eher unpolitisch, meint, sich seine Auftraggeber nicht aussuchen zu können, und zeichnet Karikaturen gegen die NSDAP, die SPD und das Zentrum.

Nach den Septemberwahlen von 1930 erkennt Marxen die Gefahr, die mit dem aufstrebenden Nationalsozialismus verbunden ist. Er beginnt gemeinsam mit anderen Künstlern, gegen den Nationalsozialismus zu veröffentlichen. Doch dieser Kurs hält nicht lange an. Sowohl die "Jugend" als auch der "Simplicissimus" stellen die Angriffe gegen den Nationalsozialismus ein; Gründe sind wirtschaftliche und redaktionelle Schwierigkeiten. Marxen zieht daraus seine Konsequenz und kehrt zurück nach Flensburg. Im August 1932 kommt für Marxen das Aus, er wird bei der "Jugend" entlassen. Eine neue Anstellung findet er nicht.

Um seiner finanziellen Misere zu entkommen entschließt Marxen sich zu einem Kurswechsel, wie es bereits einige bedeutenden Karikaturisten getan haben. Er versucht für das nationalsozialistische Satireblatt "Brennessel" Karikaturen zu liefern. Aber seine Pläne scheitern: Anfang 1938 beschlagnahmt die "Gestapo" etwa 200 Arbeiten des Künstlers. Am 28. Juni 1938 folgt der Ausschluss aus der "Reichskammer der bildenden Künste" mit sofortiger Wirkung, weil "er auf Grund seiner politischen Zeichnungen vor der Machtübernahme und der neuerdings von der Geheimen Staatspolizei beschlagnahmten Zeichnungen die erforderliche Zuverlässigkeit und Eignung für die Schaffung deutschen Kulturgutes nicht" besitze; obwohl kaum belastendes Material gefunden worden ist. Hitlerkarikaturen hat Marxen gut versteckt. Er verbrennt sie selbst. Dennoch: Kammerausschluss, außerdem darf er seinen Beruf als Maler und Graphiker nicht mehr ausüben. Marxen muss sich zum "Asozialen" erklären und arbeitet fortan als Feger. Mehrere Beschwerden gegen den Ausschluss bleiben ohne Erfolg. Mit Berufung auf seine damaligen finanziellen Verhältnisse versucht Marxen die NSDAP-Kreisleitung 1941 davon zu überzeugen, dass er seine Karikaturen gegen den Nationalsozialismus nicht aus Überzeugung, sondern aus finanzieller Not angefertigt habe; die Themen seien ihm außerdem von der Redaktion vorgeben worden. Doch erst als sich der "Reichsleiter von Rumänien", Arthur Konradi, ein Verwandter seiner Braut, für den Künstler einsetzt, wird er "ausnahmsweise" wieder in die Kulturkammer aufgenommen.

Nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft arbeitet Marxen wieder als Maler und Graphiker. Er versucht außerdem, seine beschlagnahmten Zeichnungen zurück zu erhalten und eine Entschädigung zu erlangen. Doch die Behörden lehnen seine Anträge immer wieder ab. Als er schließlich für den 21. Juli 1954 eine Vorladung der "Wiedergutmachungskammer" des Landgerichts erhält, bei der er einem der "Gestapo"-Beamten gegenübertreten soll, der an der Beschlagnahmeaktion 1938 beteiligt war, erleidet Marxen vor Erregung am 18. Juli einen Schlaganfall, an dessen Folgen er am 28. Juli 1954 stirbt.

Der Karikaturist Marxen ist ein schweigsamer Einzelgänger und Individualist, der die Gefahr des Nationalsozialismus wie viele deutlich unterschätz hat. In einer Folge von 75 Blättern rechnet Marxen privat mit dem Nationalsozialismus und seinen Machthabern ab. Mit dem Titel "Mein Dank an das Dritte Reich" prangert Marxen die Willkürherrschaft des Nationalsozialismus an. Dargestellt werden Karikaturen von Hitler, Göring, Goebbels und Himmler und über den Alltag unter dem Hakenkreuz, wie er ihn in Flensburg erlebte.

Siehe auch:

Karikaturen H. Marxens aus der Zeitschrift "Jugend", Anfang der 1930er Jahre

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