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Am 20. Oktober 1998 verlässt der italienische Frachter "Pallas" (7997 BRZ) bei unruhiger See den schwedischen Hafen Hudiksvall nördlich von Stockholm. Die Ladung besteht aus Paketen mit Schnittholz, bestimmt für Casablanca in Marokko. Am 25. Oktober bemerkt der Kapitän Rauchschwaden an Deck. Der Brandherd im dicht gepackten Laderaum ist für die Besatzung unerreichbar. Zu dieser Zeit befindet sich die "Pallas" in dänischen Hoheitsgewässern nördlich von Esbjerg. Der Kapitän informiert die Küstenwache und die Seenotrettung in Aarhus. Als gegen 19 Uhr erste Flammen aus dem Laderaum lodern, leitet die Besatzung Kohlendioxid ein. Der Brand scheint danach unter Kontrolle. Doch kurz vor Mitternacht bricht das Feuer erneut aus: Der Sturm facht die Glut zu einem regelrechten Feuersturm an. Als die Flammen das Brückenhaus erreichen, setzt der Kapitän einen Notruf ab.

Eine Stunde nach Mitternacht kreisen ein dänischer und ein deutscher Rettungshubschrauber über der brennenden "Pallas". Die Besatzung hat sich - bis auf den Kapitän und den Ersten Offizier - am Heck versammelt. Die Situation ist angespannt. Die Bergung durch den Hubschrauber ist nur möglich, nachdem die Besatzung das Schiff verlassen hat: Ein sehr gefährliches Unterfangen bei Nacht und tobender See! Der Einsatz von Rettungsinseln scheitert: Die Verbindungsleinen schmelzen, als sie mit der durch das Feuer stark erhitzten Bordwand in Berührung kommen; die Rettungsinseln treiben sofort ab. Um 1.30 Uhr lässt der Kapitän die Mannschaft in einem Rettungsboot zu Wasser. Er selbst versucht, über eine Strickleiter von Bord zu kommen, wird jedoch gegen den Schiffsrumpf geschleudert und fällt bewusstlos in die See. Der übrigen Besatzung ergeht es nicht besser: Gerade zu Wasser gelassen, zerschellt das Rettungsboot an einem im Wasser treibenden Gegenstand. Alle Mann gehen über Bord. Zu dieser Zeit ist ein Seemann bereits tot.

Die dänischen und deutschen Marinesoldaten in den Hubschraubern müssen schnell handeln, bevor der Sturm die Seeleute zu weit auseinander treibt. Die Hubschrauber kreisen dicht über der See. Immer wieder seilen sich die Retter in die kalte Nordsee ab und tatsächlich können sie alle Seeleute bergen. Die erste Maschine befindet sich bereits auf dem Rückflug nach Esbjerg als den zweiten Hubschrauber die Nachricht erreicht, dass sich der Maschinist noch an Bord des Schiffes befindet; er hat die Motoren der "Pallas" bis zum Schluss am Laufen gehalten. Die Hubschrauberbesatzung entscheidet sich dafür, erst einen lebensgefährlich Verletzten ins Krankenhaus zu fliegen und den Maschinisten später abzuholen. Bei Rückkehr des Hubschraubers läuft der Ingenieur unentschlossen auf dem Achterdeck des brennenden Schiffes auf und ab - er hat mehr Angst vor dem Sprung als vor dem Feuer. Dann gegen halb fünf Uhr morgens springt er. Fünf Minuten später nimmt ihn der Hubschrauber auf.

In der Nacht zum 26. Oktober treibt die "Pallas" führerlos in deutsche Hoheitsgewässer. Die Zuständigkeit liegt jetzt beim "Wasser- und Schifffahrtsamt" (WSA) in Cuxhaven. Dort alarmiert man die gemeinsame "Einsatzleitgruppe" des Bundes und der Küstenländer (ELG). Im "Zentralen Meldekopf" (ZMK) in Cuxhaven treffen alle Informationen zusammen. Von dort aus werden die beiden bundeseigenen Mehrzweckschiffe "Mellum", "Neuwerk" und am nächsten Tag auch der Schlepper "Oceanic" zur "Pallas" geschickt.

Bei Wellenhöhen von bis zu 7 m gelingt es den Helfern erst gegen 20 Uhr, eine provisorische Schleppverbindung zwischen der "Pallas" und der "Mellum" herzustellen - geplant ist, später, im Schutze der Insel Helgoland, eine stabile Schleppverbindung aufzubauen. Verzögert wird die Bergung dadurch, dass auf dem Schiffsdeck Temperaturen von über tausend Grad herrschen. Der Schleppzug kämpft sich gegen den Sturm in Richtung Cuxhaven. Um 12 Uhr 20 - nur 18 Seemeilen vor Helgoland - reißt nach sechzehneinhalb Stunden Fahrt die Verbindungsleine zur "Pallas": Das Schiff droht vor Amrum zu stranden. Am frühen Nachmittag des 28. Oktober gelingt es den Seeleuten, eine neue Schleppverbindung zur "Mellum" herzustellen. Doch um 14.58 Uhr reißt der Draht erneut. Für kurze Zeit können die Retter ein weiteres Abdriften der "Pallas" verhindern, doch irgendwann in der Nacht auf den 29. Oktober treibt die "Pallas" dann auf Grund.

Seit dem 1. November läuft Öl aus dem Wrack. Bei Wellenhöhen von bis zu vier Metern sind Ölsperren wirkungslos. Experten schätzen, dass in den Brennstofftanks der "Pallas" noch etwa 600 Tonnen Schweröl und 150 Kubikmeter Dieselbrennstoff lagern. In den nächsten Tagen verhindert der Sturm jegliche Bergungsaktion. Durch die geringe Wassertiefe kann keiner der Schlepper direkt an die "Pallas" heranfahren. Der Versuch, die "Pallas" mit Hilfe von Seilwinden ins tiefere Wasser zu ziehen, scheint erfolgversprechend. Tatsächlich bewegt sich der Frachter. Doch am 6. November bricht die "Pallas". Der fast zwei Wochen andauernde Brand im Schiffsinneren hat den Stahl im Schiffsrumpf weich werden lassen. Eine Bergung ist nun unmöglich. Die italienische Reederei erklärt das Schiff zum Wrack. Laut internationalem Seerecht entledigt sie sich damit aller Rechte und Pflichten. Lediglich für Schäden bis zu einer Höhe von 3,3 Mio. DM kommt die Schiffshaftpflicht auf.

In den folgenden Tagen tritt immer mehr Schweröl aus, das die Nordsee und ihre Küsten verschmutzt. Mehr als 15.000 Seevögel sterben, obwohl in den nächsten Wochen hunderte von freiwilligen Helfern versuchen, die Strände von Amrum und Föhr zu reinigen. Ab dem 9. November löscht eine niederländische Firma die immer noch brennende "Pallas" - dies dauert bis zum 22. November - versucht danach das verbliebene Öl abzupumpen und die verbrannten Reste der Ladung zu bergen. Da es nicht gelingt, das gesamte Öl abzupumpen, wird das Wrack mit einer Spezialmischung aus Ton und Zement abgedichtet. Die Gesamtkosten der "Pallas"-Havarie belaufen sich auf etwa 30 Mio. DM.

Von Anfang an versuchen Medien, Interessenvertreter und Politiker, den Untergang der "Pallas" zu instrumentalisieren und zu skandalisieren, Medien überbieten sich mit immer neuen Schlagzeilen. Die schleswig-holsteinische Landesregierung versucht zunächst, beruhigend zu wirken und gibt nur die notwendigsten Sachinformationen an die Öffentlichkeit. Ein Teil der Öffentlichkeit reagiert darauf mit wilden Spekulationen, abwegige Gerüchte und Verschwörungstheorien machen die Runde, die Berichterstattung bleibt reißerisch. Die Oppositionsparteien (CDU und FDP) kritisieren das Katastrophenmanagement der Landesregierung. Im Fokus der Kritik steht der grüne Umweltminister Rainder Steenblock. Ihm wird von verschiedenen Seiten vorgeworfen, nicht rechtzeitig und entschlossen genug gehandelt zu haben. Der Einfluss der schwierigen Wetterbedingungen auf die Bergung wird dagegen kaum diskutiert. Am 22. Dezember 1998 nimmt ein parlamentarischer Untersuchungsausschusses im Kieler Landtag seine Arbeit auf, der in der Sache jedoch weitgehend erfolglos bleibt.

Nach dem Unglück entsteht ein regelrechter "Katastrophentourismus" - so werden Neugierige mit Ausflugsbooten an die Unglücksstelle gefahren. So schlimm der Untergang der "Pallas" auch ist, die so genannte "Pallas-Katastrophe", wie die Medien gerne titeln, ist nicht mit Schiffsunglücken wie dem der "Exxon Valdez" (40.000 t Rohöl an der Küste Alaskas, 1989) oder dem der "Erika" (26.000 t Rohöl an der Küste der Bretagne, 1999) zu vergleichen. Allerdings weckt die Havarie bei vielen Menschen Ängste.

Bis heute liegt das Wrack der "Pallas" wie ein Mahnmal auf 54 Grad 32,54 Minuten nördlicher Breite und 8 Grad 17,22 Minuten östlicher Länge im Watt vor Amrum. Der Lebensraum Wattenmeer ist noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen. Das Öl ist verschwunden, der Seevogelbestand hat sich wieder erholt - langfristige Umweltschäden im Nationalpark sind ausgeblieben.

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Pallas
Det strandede "Pallas"

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