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Erdölförderung im Wattenmeer - die Bohrinsel "Mittelplate" © izrg

Sieben Kilometer vor Friedrichskoog mitten im "Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer" liegt Deutschlands größtes Ölfeld. Schon in den 1950er Jahren vermuten Geologen dort Ölvorkommen. Aber erst der Ölpreisschock der 1970er Jahre macht die Förderung im Wattenmeer profitabel. Anfang der 1980er Jahre beginnen die Planungen für den Bau der Bohrinsel "Mittelplate", die das Konsortium RWE Dea/Wintershall 1987 in Betrieb nimmt.

Der ursprüngliche Entwurf für das Nationalparkgesetz sieht für das Wattenmeer über dem Fördergebiet der Mittelplate die Einstufung als besonders schützenswert (Zone 1) vor. Aus Rücksicht auf wirtschaftliche Interessen weist das Nationalparkgesetz bei seiner Verabschiedung 1985 dieses Gebiet nur noch als Zone 2 aus. Somit sind bestimmte Nutzungsformen, darunter auch die Ölförderung erlaubt. Wirtschaftliche Interessen wiegen schwerer als die Tatsache, dass die Bohrinsel direkt an die Vogelschutzinsel Trischen (Zone 1) grenzt und der Abtransport des gewonnenen Rohöls durch ein Gebiet der Zone 1 verläuft. Die Bohrinsel im Watt sei ein "Schönheitsfehler", wie es der damalige CDU-Ministerpräsident Uwe Barschel ausdrückt, "vielleicht sogar mehr".

Die Baugenehmigung für die "Mittelplate" erfolgt unter strengen Umweltauflagen. Die gesamte Plattform wird auf einem nur 70 mal 95 m großen, fast vollständig von der Nordsee abgeschotteten Areal errichtet. Die Bohr- und Förderinsel ist ähnlich wie eine kompakte, flüssigkeitsdichte Stahl- und Betonwanne gebaut, mit 11 m hohen Spundwänden zum offenen Meer hin; von außen kann nichts eindringen, abgesehen von Regen- und Spritzwasser, von innen kann nichts unkontrolliert nach draußen gelangen, auch kein Regenwasser. Nicht einmal ein Versickern ist möglich.

Nach ihrer Inbetriebnahme steigt die geförderte Ölmenge der "Mittelplate" von anfangs 200.000 Tonnen auf über 2,5 Mio. Tonnen (2006) im Jahr. Bis heute sind mehr als 15 Mio. Tonnen Erdöl gefördert worden - weitere 30 bis 100 Mio. Tonnen Erdöl werden noch unter der Plattform vermutet. Seit Juni 2000 zapfen die Betreiber über bis zu neun Kilometer lange Bohrungen bis in 2000 m Tiefe zusätzlich von Dieksand aus einen Teil der Lagerstätten unter der Mittelplate an; zukünftig soll die jährliche Fördermenge von Land aus 1,1 bis 1,2 Mio. Tonnen Öl betragen. Eine Pipeline ersetzt seit dem Jahr 2005 den Transport des Öls mit Tankschiffen, so dass pro Jahr rund 2.000 Schiffe weniger auslaufen müssen. Eine höhere Fördermenge verkürzt die Laufzeit der Plattform.

Zahlreiche Umweltstudien, die von Anfang an den Einfluss der Bohrinsel auf das Ökosystem des Wattenmeers untersuchen, konnten bislang keine bleibenden Schäden für das Watt nachweisen. Im Gegensatz zu anderen Förderstätten, wo 5.000 bis 8.000 Quadratkilometer Meeresboden - eine Fläche doppelt so groß wie das Saarland - durch öligen Bohrschlamm, Bohrabfälle und Produktionswasser verschmutzt worden sind, verhindert das Entsorgungskonzept der Betreiber der "Mittelplate", dass diese Rückstände in die Nordsee geleitet werden. Die Betreiber sehen sich bestätigt: "Mittelplate" habe gezeigt, "dass man auch in ökologisch sensiblen Gebieten Öl fördern könne, sagt Harald Graeser, Sprecher der RWE/Dea AG, das sei "weltweit einzigartig". Ohne Zweifel, die Mittelplate setzt hohe ökologische Standards, die für viele andere Förderstätten beispielhaft sein könnten. Auch wenn die Ölförderung bislang störungsfrei verlaufen ist, so machen Umweltschutzorganisationen generelle Einwände gegen die Existenz einer Bohrinsel in einem Naturschutzgebiet, in dem Millionen Zugvögel rasten, geltend.

Siehe auch:

Luftbild der "Mittelplate"
Lage der Erdölvorkommen
Die Lage der "Mittelplate"

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