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Sturmumtost liegt die Insel Sylt wie ein Wellenbrecher vor der Küste Nordfrieslands. Eben jene Stürme aus den vorherrschenden Windrichtungen Nordwest und Südwest setzen der Westseite der Insel erheblich zu. Wo im Sommer tausende Touristen am Strand, Sonne, Wind und Wellen genießen, findet jedes Jahr aufs Neue von September bis April das statt, was die Westküstenbewohner seit Jahrhunderten als „Kampf“ um die Insel wahrnehmen.

Sylt besitzt an seiner Westküste einen natürlichen Sturmflutschutz, der teilweise aus einer Steilküste wie dem „Roten Kliff“ bei Kampen und teilweise wie in List und Hörnum aus einem Dünengürtel besteht. Nur auf der Ostseite zwischen Rantrum und Morsum gibt es einen Deich, wie man ihn von der Westküste Schleswig-Holsteins kennt. Doch der natürliche Schutz der Insel ist ständig in Gefahr. Die Meeresströmung vor Sylt läuft genau auf Westerland zu, teilt sich dort in einen nördlichen und einen südlichen Strom. Immer wieder gräbt sich das Meer bei Sturm tief in die bestehende Dünenlandschaft hinein oder trägt Teile der Steilküste ab und reißt dabei erhebliche Mengen an Material mit sich. Der dort abgeschlagene Sand wird von der Strömung zu den Inselenden transportiert, wo er sich teilweise ablagert. Mit der Zeit häuft der Wind ihn zu bis zu 30 m hohen Dünen auf. Auf Grund dieses Strömungsverlaufs ist die Insel in den letzten 400 Jahren in Nord-Süd-Richtung um zwei Kilometer gewachsen, aber gleichzeitig immer schmaler geworden. Inzwischen beträgt ihre Breite an einigen Stellen weniger als 400 m. Sieben Stellen der Insel gelten bei Sturmflut als akut durchbruchgefährdet.

Über Jahrhunderte kümmert sich jede Inselgemeinde eigenverantwortlich um den Erhalt der Dünen. Die Dünen sind seit jeher für die Inselbewohner sowohl notwendiger Schutz als auch eine ständige Gefahr. Ganze Inselgemeinden wie Alt List oder Bargsum verschwinden unter Wanderdünen. Auch Teile des fruchtbaren Marschbodens liegen unter meterhohem Sand begraben. Bereits im 16. Jahrhundert bepflanzen die Sylter die Dünen mit Strandhafer und Strandroggen, um den Aufwuchs des Sandes zu fördern und ein Wandern der Dünen zu verhindern. Gleichzeitig ist es noch 1865 üblich, Rinder, Pferde und Schafe in den Dünen weiden zu lassen, die den spärlichen Bewuchs abfressen und die Oberflächenstruktur der Dünen zerstören. Heute sind die Dünen streng geschützt; sowohl die Einheimischen wie die Touristen akzeptieren das Betretungsverbot.

Mit dem Aufkommen des Tourismus Mitte des 19. Jahrhunderts nimmt auch die Bebauung der Insel zu. Die Investoren verzichten dabei oftmals auf einen ausreichenden Sicherheitsabstand zur Küste, sie bebauen immer mehr ufernahe Bereiche. Einige dieser Bauten, wie der 1894 in Wenningstedt gebaute Hotelkomplex „Zum Kronprinzen“ oder das alte Wenningstedter Strand-Café, fallen bereits nach wenigen Jahrzehnten der Nordsee zum Opfer.

Nach 1867 führt die preußische Verwaltung erstmalig systematisch und in großem Umfang Küstenschutzarbeiten auf Sylt durch. Verwaltungschef Graf Baudissin holt Dünenaufseher und Arbeiter aus den preußischen Ostseegebieten auf die Insel, die über gute Kenntnisse im Dünenbau verfügen. Um den natürlichen Schutzgürtel der Insel zu erhalten und weitere Dünenverluste zu verhindern, pflanzen die Arbeiter Strandhafer und setzen Sandfangzäune vor die Hauptdünen. Sie graben diese aus Holz bestehenden Fangzäune 20-40 cm tief ein. Sind die Zäune nach einem Jahr eingesandet, dann setzen die Arbeiter neue Zäune auf die betreffenden Flächen. Diese Methode macht es möglich, mit einem zweireihigen Zaun von 80 cm Höhe in einem Jahr acht Kubikmeter Sand pro Meter Küstenlänge zu fangen. Mit der Zeit entstehen daraus die so genannten Vordünen. Diese trägt das Meer bei Sturmflut regelmäßig wieder ab, so dass der Vorgang ständig wiederholt werden muss. Bis heute wenden die Inselbewohner diese Form des „biotechnischen Küstenschutzes“ erfolgreich an: Pro Jahr setzen sie etwa 120 km Sandfangzäune und bepflanzen 12 Hektar Dünenfläche.

Dies allein reicht jedoch nicht aus, um Sandverluste auszugleichen. Daher schützen seit 1867 zusätzlich Buhnen aus Holz und Stein, seit 1927 auch aus Eisen, Teile der Sylter Westküste. Obwohl bereits 1899 ein Gutachten des Wasserbauamtes in Husum darauf hinweist, dass diese Methode kaum Erfolge bringt, gehen der Buhnenbau und die Sandverluste ungehindert bis 1967 weiter. Zum Schutz vor dem heranrückenden Meer entsteht 1907 in Westerland, auf Privatinitiative des Besitzers des Hotels „Miramar“, eine 68 m lange Schutzmauer, die die Stadt Westerland bis 1924 auf 774 m Länge und 6,15 m Höhe über NN erweitert. Auch die zwischen 1960 und 1968 vor Westerland (auf einer Länge von knapp einem Kilometer) und in Hörnum (auf einer Länge von etwa 1.200 m) aufgestellten Tetrapoden erfüllen die in sie gesetzten Erwartungen nicht.

Generell ist der Nutzen von statischen Bauwerken nicht unumstritten: Jeder dieser Eingriffe verändert die Strömungsverhältnisse der Nordsee, wodurch sich das Problem in andere Küstenabschnitte verlagert. Seit 1972 versuchen es die Küstenbauer daher mit einer dynamischeren Methode, die – bis jetzt – kaum negative Auswirkungen zeigt: Sandvorspülungen während des Sommerhalbjahrs sollen Materialverluste während der Sturmsaison ausgleichen. Im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein spülen Privatfirmen riesige Mengen Sand auf oder vor die betroffenen Strandabschnitte. Das Meer transportiert diesen Sand in kurzer Zeit wieder ab, so dass der Vorgang regelmäßig wiederholt werden muss, jedoch unterbleiben Substanzverluste an der Insel Sylt. Diese Methode erhält somit die Küstenlinie und den Sandstrand. Ohne die regelmäßigen Sandvorspülungen wiche die Westküste von Sylt jährlich um etwa ein bis eineinhalb Meter zurück. Trotz der in diesem Zeitraum entstandenen Kosten von fast 115 Millionen Euro scheint das Konzept aufzugehen und auch auf Grund der zu schützenden Werte vertretbar zu sein. Die Sicherung der Insel Sylt dient dabei auch dem Schutz des dahinterliegenden Wattenmeeres und natürlich der Festlandsküste.

Trotz aller Bemühungen bleibt die Frage offen, ob der Mensch auf Dauer in der Lage sein wird, die bisherigen Siedlungsgebiete auf Sylt zu schützen. Dies hängt auch maßgeblich von der Entwicklung des Weltklimas ab. Wissenschaftliche Modelle, die versuchen den Anstieg des Meeresspiegels, aber auch die Wahrscheinlichkeit und die Intensität von Stürmen in Zukunft vorherzusagen, kommen zu durchaus unterschiedlichen Einschätzungen: Einig sind sich die Forscher lediglich darin, dass der Meeresspiegel steigen wird. In naher Zukunft droht nach Meinung von Wissenschaftlern noch keine Gefahr, doch langfristig können die bisherigen Küstenschutzmaßnahmen den Küstenrückgang zwar verzögern, aber wahrscheinlich nicht aufhalten.

Se også:

En gammel høfde
Historisk kort over øen Sild
"Tetrapoder"
Efter stormfloden
Sandfang
Ved Hørnum
Kystens beskyttelse på Sild: Aktiviteter 1963-2000

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