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Deutsche Flüchtlinge in Dänemark © izrg

Etwa 240.000 deutsche Flüchtlinge leben nach Ende des Zweiten Weltkriegs auf dänischem Boden; die letzten verlassen Dänemark erst 1949.

Mitte Mai 1945 ergab eine Zählung der dänischen Behörden: Etwa 238.000 deutsche Flüchtlinge lebten zu diesem Zeitpunkt in rund 1.1000 Lagern und Einquartierungen auf dänischem Boden, der seit April 1940 von den deutschen Truppen besetzt gewesen war. Etwa die Hälfte der Flüchtlinge waren Frauen, ein Drittel Kinder und Jugendlich und der Rest meist Männer über 70 Jahre.

Zwischen Februar und Mai 1945 waren diese Flüchtlinge und zehntausende verwundete Soldaten aus östlichen Gebieten über die Ostsee nach Dänemark gebracht worden; wenige auch per Eisenbahn. Die "Reichsmarine" hatte in Kurland, Ostpreußen und Danzig Eingekesselte und verwundete Soldaten auf einen Befehl Adolf Hitlers vom 4. Februar 1945 neben den schleswig-holsteinischen auch in dänische Häfen evakuiert; jedenfalls wenn auf den Schiffen Platz war, Vorrang hatten weiterhin Waffentransporte.

Täglich liefen mehrere Schiffe mit tausenden, oft kranken und verwundeten Menschen in den dänischen Ostseehäfen ein; wie viele Personen die Flucht nach Dänemark nicht überlebten oder an den direkten Folgen der Strapazen starben, ist unklar; insgesamt überlebten zwei Millionen Menschen Gewalt und Strapazen der Flucht aus den östlichen Gebieten nicht. Circa 300 eingesetzte Schiffe gingen durch Kampfmaßnahmen der Alliierten verloren. Viele Flüchtlinge kamen traumatisiert in Dänemark an, sie mussten mehr verkraften als den Verlust von Eigentum, Arbeit und Heimat: Sie hatten oft Gewalt, Vergewaltigungen, Mord erlebt. Diese Verbrechen sowjetischer Soldaten stellten nach hunderten Kilometern Fahrt durch von Deutschen verbrannte russische Erde auch eine vergeltende Reaktion dar, blieben aber Verbrechen.

Die für die Flüchtlinge verantwortlichen deutschen Besatzungsbehörden brachten diese in Wehrmachtslagern und Lazaretten unter, außerdem beschlagnahmten sie Schulen und andere Gebäude, um sie in oft unzureichende Flüchtlingsunterkünfte umzufunktionieren. In Sønderjylland wurden viele Flüchtlinge auch bei Angehörigen der deutschen Minderheit oder nationalsozialistisch eingestellten Dänen einquartiert. Die konkreten Lebensverhältnisse unterschieden sich, viele Flüchtlinge lebten jedoch unter schwierigsten hygienischen Bedingungen zusammengepfercht in Massenlagern, notdürftig mit Lebensmitteln versorgt; aber sie befanden sich in Sicherheit.

Nach der deutschen Kapitulation am 5. Mai 1945 lag die Entscheidung über das Schicksal dieser Flüchtlinge bei den Alliierten, doch die dänische Regierung musste die sich im Land befindlichen Flüchtlinge versorgen. Die dänischen Behörden internierten die Flüchtlinge ohne Kontakt zur dänischen Bevölkerung in den schon existierenden Lagern unter notdürftiger Versorgung. Nachdem sich im Juli 1945 herausgestellt hatte, dass die Flüchtlinge auf Grund der unzureichenden Versorgungslage im ehemaligen Deutschen Reich mindestens den Winter über in Dänemark bleiben sollten, bemühte sich die offizielle dänische Flüchtlingspolitik um "eine notdürftige, aber verantwortliche Fürsorge" für die Deutschen, ohne es ihnen "zu gut gehen" zu lassen. Die Flüchtlinge blieben unter Bewachung und hinter Stacheldraht interniert, ohne Kontakt zur dänischen Bevölkerung, um ein Einleben der Deutschen in Dänemark zu verhindern. Das größte Lager war das Oksbøl-Lager bei Esbjerg, das um die 35.000 Flüchtlinge beherbergte.

Erst im Laufe des Jahres 1946 durften die ersten Flüchtlinge Dänemark zunächst in die britische Besatzungszone verlassen. Im Lauf des Jahres 1947 nahmen auch die anderen Zonen Flüchtlinge aus Dänemark auf. Die letzten Flüchtlinge verließen Dänemark erst im Februar 1949 nach fast vier Jahren. Als Ausgleich für die dänischen Aufwendungen zahlte die Bundesrepublik Deutschland zwischen 1953 und 1958 160 Millionen Kronen an den Staat Dänemark.

Während die offizielle dänische Flüchtlingspolitik von dem Historiker Karl-Georg Mix als "human auf niedrigem Niveau" beurteilt wird, bewegte sich die öffentliche Meinung in Dänemark gegenüber den Flüchtlingen zwischen zwei Extremen [mehr]: Notwendige Unterstützung für Hilfsbedürftige und falsche Gutmütigkeit für die Familien der ehemaligen Besatzer und unter ihnen versteckte Kriegsverbrecher. Die überlieferte Behandlung der dänischen Bevölkerung weist eine ebenso große Bandbreite auf: Aggressives und brutales Verhalten dänischer Wachposten erinnern ehemalige Flüchtlinge ebenso wie Beleidigungen oder die Tatsache, in Läden nicht bedient zu werden. Genauso berichten sie aber von achtungsvollem und korrektem Umgang und großer Hilfsbereitschaft auf dänischer Seite. Ein Großteil der dänischen Öffentlichkeit scheint von den "ungebetenen Gästen" jedoch kaum Notiz genommen zu haben.

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