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Landjugend © izrg

Zwischen Tradition und Moderne - die Landjugend in den 1950er Jahren.

Hinter dem oft beschworenen Bild von der unbeschwerten Idylle einer Jugend auf dem Lande verbarg vor allem eines - viel Arbeit. Die dörfliche Kindheit und Jugend vor den 1950er Jahren stand stark im Zeichen der Landwirtschaft. Schule und Freizeit spielten bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts eine untergeordnete Rolle. Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs kündigten sich einschneidende Veränderungen in Arbeit und Leben der Landbevölkerung Schleswig-Holsteins und Sønderjyllands an. Wie in vielen Bereichen der Gesellschaft hielt auch in der Landwirtschaft zu Beginn der 1950er Jahre des vergangenen Jahrhunderts der technische Fortschritt Einzug. Viele bis dahin zeitaufwändige Arbeiten konnten nun neue Maschinen übernehmen.

Auf das bäuerliche Leben hatte diese Modernisierung gravierende Auswirkungen: Die Höfe ließen sich fortan mit einer wesentlich geringeren Anzahl an Arbeitskräften bewirtschaften. Das über Generationen etablierte System aus Bauern, Knechten, Mägden und freien Landarbeitern begann sich Stück für Stück aufzulösen. Die Mehrzahl der kleinen und mittleren Höfe wandelte sich zu reinen Familienbetrieben. Dieser Wandel berührte vor allem die Jugendlichen, die erst noch ihren Platz in den Betrieben und in der Gesellschaft suchten. Besonders betrafen die Veränderungen die Söhne von Landarbeitern und die Bauernsöhne, denen das Hoferbe entging, sowie die Mädchen mit hauswirtschaftlicher Ausbildung. Viele Kinder aus bäuerlichen Familien gingen in landwirtschaftsferne Berufe in ihrer Region. Erst als sie dort keine Arbeit mehr finden konnten, zogen viele in die Städte. In den meisten Fällen führte also nicht die Unzufriedenheit der Jugend mit dem Lebensstil ihrer gewohnten Umgebung zur so genannten "Landflucht"; vielmehr zogen viele Jugendliche auf der Suche nach Arbeit in die Stadt.

Neben den strukturellen Veränderungen erreichte eine Vielzahl von anderen Neuerungen die junge Generation auf dem Lande. Durch die Verbreitung des Fernsehens gelangten die städtischen Einflüsse nun auch zur Landjugend. Allerdings setzte sich das Fernsehen in den ländlichen Regionen, insbesondere in den bäuerlichen Familien, sehr viel langsamer durch als in den Städten; eine umfassende Anbindung der Landbevölkerung an das neue Massenmedium fand erst Ende der 1960er Jahre - knapp zehn Jahre später als in den Städten - statt. Die Heranwachsenden standen den neuen Medien wesentlich aufgeschlossener gegenüber als deren Eltern. So lasen die jungen Leute Mitte der 1950er Jahre die neu gegründete Jugendzeitschrift "BRAVO" mit dem gleichen Interesse wie ihre städtischen Altersgenossen.

Auch wenn den in landwirtschaftsfernen Berufen tätigen jungen Menschen mehr Freizeit zur Verfügung stand und sich die "Feierabende" in der Landwirtschaft bis in die 1960er Jahre immer weiter ausdehnten, hatten die Jugendlichen auf dem Lande immer noch weniger Freizeit als ihre Altersgenossen in den Städten. Hobbys und Freizeitgestaltung waren ihnen deshalb nicht weniger wichtig. Bei beiden Gruppen galt Gesellschaft und der Austausch mit Gleichaltrigen als beliebteste Beschäftigung. Die Jugendlichen auf dem Land pflegten ihre sozialen Kontakte am Feierabend und an Sonntagnachmittagen allerdings intensiver als in der Stadt. Dies lag auch daran, dass die Eltern das Ausgehverhalten der Landjugend im Vergleich zu den städtischen Altersgenossen kaum maßregelten. Dies ist sicherlich zum Teil auf die starke soziale Kontrolle zurückzuführen, der die Jugendlichen selbst im Nachbardorf noch ausgesetzt waren. Die Nachricht von möglichen "Fehltritten" des Nachwuchses erreichte die Eltern meist noch vor Ende des Wochenendes.

Rückzugsräume standen den jungen Menschen nur spärlich zur Verfügung. Die Feste, an denen sie teilnahmen, waren die traditionellen Feste ihrer Eltern. So war an die Entwicklung jugendlicher Subkultur kaum zu denken, da die Gesellschaft solche Verstöße gegen die Tradition rasch reglementierte. Eine wichtige Rolle bei der Veränderung dieser Umstände spielte das Auto, dessen zunehmende Verbreitung die konservative Landbevölkerung kritisch beäugte. Viele sagten dem Auto die endgültige Zerstörung der dörflichen Strukturen nach. Tatsächlich ermöglichte erst die neue Mobilität die Auflösung des traditionellen Lebens. Die Landbewohner zog es in ihrer Freizeit mehr und mehr in die Städte. Außerdem zogen viele Städter in ländliche Regionen und brachten neue Einflüsse mit. Eine Vermischung städtischer und ländlicher Traditionen war die Folge. Dieser Prozess setzte sich kontinuierlich fort, so dass heute in den Bereichen Freizeit und Mode - abgesehen von geringfügigen zeitlichen Verzögerungseffekten - kaum noch Unterschiede zwischen Stadt- und Landjugend bestehen.

Diese Geschichte erscheint in folgenden Themen:
Jugend und Schule
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