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Jugendorganisationen © izrg

Im 20. Jahrhundert erstarkt das Selbstbewusstsein der Heranwachsenden; Jugend organisiert sich selbst in zahlreichen eigenen Organisationen.

Erwachsen zu werden bedeutet, sich von seinen Eltern, der älteren Generation abzugrenzen, sich neu zu definieren; eigene Wünsche, Hoffnungen, Bedürfnisse und neue Ideen zu äußern und durchzusetzen.

Die Industrialisierung stellte neue Anforderungen an die junge Generation, die sich stärker als zuvor abzugrenzen begann. Die neue Arbeitswelt forderte längere Ausbildungs- und Erziehungszeiten, der Lebensabschnitt als Heranwachsender verlängerte sich. Die Jungen und Mädchen übernahmen nicht mehr automatisch den sozialen Status der Eltern, sondern mussten sich ihn selbst erarbeiten. Dies ermöglichte jungen Menschen die Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer Elterngeneration. Zum Wunsch nach Abgrenzung trug auch die von vielen Jugendlichen als beklemmend empfundenen gesellschaftlichen Zwänge des wilhelminischen Kaiserreichs bei. Zahlreiche Jugendorganisationen gründeten sich - auch in der Region. Die Jugendbewegung entstand.

Um 1900 genossen in der ländlichen Region Gesang-, Reit- und einige andere Vereine größere Beliebtheit. Während die Jugend auf dem Dorf zumeist selbstverständlich die Pflichten und Rechte, die der elterliche Hof mit sich brachte, übernahm, begann die bürgerliche Jugend in den Städten die Wertvorstellungen der Erwachsenen zu hinterfragen. Sie schloss sich zumindest teilweise der von Berlin-Steglitz ausgehenden "Wandervogelbewegung" an; auch in Flensburg, wo sich 1910 gleich zwei Gruppen des "Wandervogels" bildeten. Die Jugendlichen wünschten sich eine Rückbesinnung auf individuelles, naturhaftes Erleben, entwickelten Ideen, die auf eine Verbesserung der gesamten menschlichen Lebensverhältnisse zielten.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieg näherten sich die Generationen wieder an; auch viele der Jugendliche, die nach neuen Wegen gesucht hatten, erfasste eine vaterländische Hochstimmung: Es galt, das "bedrohte Heimatland" gemeinsam mit den Vätern zu verteidigen. Der Krieg und sein Ausgang, die Geschehnisse nach 1918 desillusionierten viele und beunruhigten die Jugend sowohl in den Städten als auch auf dem Land. Stärker als zuvor begannen sich Heranwachsende in weltanschaulichen, religiösen oder politischen Gruppen zu organisieren und voneinander abzugrenzen. In den Städten der Region, wie in Kiel, entstanden vor allem drei unterschiedliche Organisationen, die gerade in der Anfangsphase der Weimarer Republik großen Zulauf erhielten: die "bündische Jugend", die "sozialistische Arbeiterjugend" und die evangelische Jugend. Viele Jugendliche suchten nach einer neuen Gemeinschaft, nach einem Ort zur Aussprache und Diskussion, manche sehnten sich nach echter Autorität.

Auch auf dem Land entwickelten sich neue Jugendvereine. 1922 gründete sich in Schaalby die erste Jungbauernschaft. Ähnlich wie ihre Altersgenossen in den Städten wollten Jugendliche auf dem Land ebenfalls ihrer Stimme Gehör verschaffen und Einfluss nehmen. Dennoch war sie deutlich weniger politisch als die städtische Jugend, sie orientierten sich noch an den Wünschen der Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg. Nach wie vor war es schwer, auf dem Land geeignete Gruppenleiter zu finden.

Das Ende der Weimarer Republik bedeutete auf deutschem Gebiet gleichzeitig das Ende aller Jugendorganisationen. Das nationalsozialistische Regime verbot alle Organisationen und vereinte die Jugendlichen in der "Hitlerjugend" (HJ). Mit dieser "Gleichschaltung" entstand eine neue Art der Ausgrenzung aus der NS-Volksgemeinschaft für die "Anderen", jüdische, kranke, behinderte Kinder und Jugendliche.

In Schleswig-Holstein bildeten sich erst mit dem Ende des Krieges neue politische Jugendorganisationen, die aber nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus keine größere Bedeutung mehr erlangten. Obwohl gerade in den ersten Nachkriegsjahren sozialistische Jugendvereine - wie die "Falken" oder die "FDJ" - einen steten Zuwachs erhielten, konnte sich diese Erscheinung nicht lange halten. Wenn auch die Jugend die politischen Organisationen nicht ähnlich nutzten wie in den 1920er Jahren, bedeutet dies nicht automatisch, dass alle Jugendlichen unpolitisch waren, was sich spätestens 1968 zeigte.

Bedeutender waren in den letzten 60 Jahren jedoch die weniger politischen Organisationen, wie die Landjugend oder die Sportjugend. Viele Jugendliche wollten sich nach der NS-Herrschaft in unpolitischer Weise neu orientieren. Dabei konnte sie sich in der Landjugend auf Anliegen besinnen, die sie persönlich betrafen, und in den Sportvereinen, die stets einen wichtigen Bestandteil einer Gesellschaft ausmachten, einer gemeinschaftlichen Aktivität nachgehen. Beide Organisationen erhielten erst in der Nachkriegszeit den Schwerpunkt in der Jugendarbeit der Region, den sie in der Gegenwart noch besitzen - die Turn- und Sportvereine Schleswig-Holsteins verzeichneten 1980 über 370.00 Kinder und Jugendliche als Aktive.

Diese Geschichte erscheint in folgenden Themen:
Jugend und Schule
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