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"Völkische" Literatur © izrg

Bekannte schleswig-holsteinische Autoren aus der "Heimatkunstbewegung" zählen zu den geistigen Wegbereitern des Nationalsozialismus.

Schon lange vor der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 bestand eine teilweise enge Bindung zwischen schleswig-holsteinischen Literaten und ideologisch besetzter, völkisch-nationaler Weltanschauung und Politik. Dieser Zusammenhang gipfelt ab 1936 in der Einrichtung des "Eutiner Dichterkreises", einer der wichtigsten literarischen Vereinigungen im NS-Staat. Bekannte schleswig-holsteinische Autoren aus der so genannten "Heimatkunstbewegung" können zu den geistigen Wegbereitern des Nationalsozialismus gezählt werden. Zu erwähnen sind der aus Nordschleswig stammende Julius Langbehn sowie die Dithmarscher Adolf Bartels und - eingeschränkt - Gustav Frenssen.

Augenscheinlich gilt die seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestehende "Heimatdichtung" mit oft anspruchslosen Naturgedichten, lustigen Theaterstücken und einfach strukturierten Erzählungen als beim Publikum beliebte, aber politisch und ideologisch unverdächtige Unterhaltung. Doch die Zeichnung romantischer und harmonischer Bilder einer idyllischen, geordneten, gemeinschaftlichen, ländlichen Lebensform wie in der "guten alten Zeit" gegenüber eines einsamen, "unsittlichen" Lebens in der modernen, industriellen Stadt; das Lob des "einfachen Lebens auf dem Lande" gegenüber der Angst vor dem "Moloch Großstadt"; der Verzicht auf die Beschreibung vielschichtiger politischer, gesellschaftlicher Zusammenhänge und Einzelschicksale; stattdessen die Darstellung einfacher Strukturen und Lösungen - all dies ist Ausdruck einer bestimmten Weltanschauung und eines gewissen Wertesystems, das viele Werke der Heimatdichtung vermitteln. Deshalb konnte diese Literatur für politische Zwecke eingesetzt werden. - Auch wenn es natürlich weiterhin zahlreiche ideologisch unverfängliche Werke der Heimatdichtung gab.

Julius Langbehns 1890 unter dem anonymisierten Verfasserhinweis "von einem Deutschen" erschienenes Buch "Rembrandt als Erzieher" verherrlichte eine "deutsche Innerlichkeit" und entwickelte sich zum weit verbreiteten theoretischen Lehrbuch des völkisch-nationalistischen "Aufbruchs"; in späteren Auflagen werden Juden als "Pest und Cholera" bezeichnet. In der Folge dieses Erscheinen fanden sich zahlreiche Autoren, die nun eine Art "Stammesliteratur" zu schaffen suchten: jeder "Stamm", jede Region sollte in ihrer Literatur die regionalen Eigenheiten künstlerisch darbieten; gleichzeitig aber deutlich machen, was diese Stämme gemeinsam als Deutsche auszeichnet. Diese Literatur hatte das Ziel, regionales und nationales Selbstbewusstsein zu schaffen und "alles Fremde" auszugrenzen.

Diese Werke der "Heimatkunstbewegung" beschworen die Wiederherstellung vergangener Lebensbedingungen als Ziel für die Zukunft. "Heimat" diente als Gegenbild zur sinnentleerten politischen Gegenwart. Ihre Figuren standen stellvertretend für bestimmte Weltsichten, ihre Charaktereigenschaften ließen sich oft von "Stammeseigenschaften" ableiten. Die Kennzeichen der "Heimatkunstbewegung" waren neben dieser Agrarromantik und Heimatliebe aber auch ein fanatischer Antisemitismus.

Auch der Kritiker und Dichter Adolf Bartels zählte zur "Heimatkunstbewegung". Er propagierte den völkischen Rassismus, literarische Qualität leitete sich für ihn allein von der "Rasse" ab. Bartels Roman "Die Dithmarscher" (1898) betont ein Sonderbewusstsein dieses Stammes. Auch in Gustav Frenssens Bestseller "Jörn Uhl" (1901), in dem ein junger Bauer um seine Unabhängigkeit kämpft, konnten sich heimatverbundene Leser wieder finden. Gustav Frenssen, Dithmarscher Pastor und später außerordentlich erfolgreicher Autor, entwickelte sich ab Mitte der 1920er Jahre zum offenen Antisemiten und schließlich zum entschiedenen Anhänger des Nationalsozialismus, bis hin zur 1940 publizierten Rechtfertigung der Judenverfolgung.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Januar 1933 forderte und förderte die NS-Kulturpolitik "natürliche Schönheit" und "Reinheit", etwa realistisch-heroische Kunst, die sich "Heimat und Scholle", der Arbeit und dem "nordischen Menschen" verbunden fühlte. Die "Blut- und Boden"-Ideologie mit ihrer antimodernen "Rückbesinnung" auf "Scholle", Bauerntum, "Rassereinheit", und "nordische Klarheit" war in der Literatur der "Heimatkunstbewegung" teilweise schon erfolgreich umgesetzt. Jetzt erzielten schleswig-holsteinische Autoren wie Bartels, Frenssen oder Hans Friedrich Blunck große Erfolge. Blunck, ein völkischer Nationalist, aber kein Rassist, zählte wie eine Reihe weiterer, überwiegend aus Schleswig-Holstein stammender Schriftsteller ab 1936 zum "Eutiner Dichterkreis".

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