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Seebäder 1900-1945 © izrg

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebten die schleswig-holsteinischen Seebäder ihre Blütezeit.

Bis zum Ausbruch des I. Weltkriegs erlebten die Seebäder an Nord- und Ostsee ihre Hochphase. Den steigenden Besucherzahlen schienen keine Grenzen gesetzt zu sein. Gleichzeitig blieb das soziale Niveau der Gäste hoch. Sie entstammten dem Adel, Offizierskreisen, der Hochfinanz und dem sehr wohlhabenden Bürgertum. Kleinere Angestellte oder gar Arbeiter fehlten fast ganz. Abgesehen von fehlender Freizeit, mangelte es an erschwinglicher Unterkunft, insbesondere in den etablierten Seebädern, die oftmals ganz auf zahlungskräftige Gästeschaft setzen. Eine andere gesellschaftliche Gruppe war in vielen Seebädern ebenso ungern gesehen: Juden. In der Tat hatte der so genannte "Bäderantisemitismus" auch an der schleswig-holsteinischen Nord- und Ostseeküste mancherorts Jahre vor der nationalsozialistischen Herrschaft eine lange Tradition.

Üblicherweise blieben Gäste vor dem Ersten Weltkrieg in den Spitzenhotels drei bis vier Wochen. Und sie brachten zwei bis vier Dienstboten mit. Entsprechend aufwändig war der Urlaub! Die neben den "ersten Häusern" charakteristische Herberge bildete das "Logierhaus", ein in der Regel zweieinhalb-geschossiges Gästehaus mit 10 bis 20 Betten. Darunter rangierten schließlich kleine Pensionen und Privathäuser. Überall wurde suggeriert - und oft genug von den Wirtsleuten auch selbst verinnerlicht -, die betuchten Gäste aus der Großstadt seien "etwas Besseres", hätten Anspruch auf jede Unterwürfigkeit.

Diese Blütezeit - vor allem in den Nordseebädern - endete jäh mitten in der Saison 1914 mit den Mobilisierungsbefehlen für die in den Seebädern zahlreich weilenden Offizieren des Kaisers. Bis auf Wyk erklärten die Behörden alle Badeorte an der Nordsee zum militärischen Bezirk, nur vereinzelte Gäste gelangten danach in die von militärischen Inselwachen beschützten Bäder. Nach der Revolution 1918 musste zunächst ein neues betuchtes Publikum gefunden werden, mit begrenztem Erfolg, denn während der Weimarer Zeit wurden die Vorkriegszahlen nicht annähernd erreicht: in Westerland zum Beispiel 1919 nur 14.000 Gäste, 1925 16.000, erst nach dem Bau des Hindenburgdammes stieg die Zahl 1927 auf 24.000 Gäste, um mit der Wirtschaftskrise ab 1929 drastisch zu fallen.

Die mehrwöchige, zum Teil mehrmonatige Reise ins Seebad verlor nach dem Krieg an Bedeutung. Die Bevölkerung entdecket neue, einfache Formen des Reisens: Die Zahl der Übernachtungen in Jugendherbergen wuchs in der Weimarer Republik von 60.000 (1919) auf 4,3 Millionen (1932) an. Vor allem in den klassischen Seebädern weitete sich diese Entwicklung zur wirtschaftlichen Dauerkrise aus. Ab 1931 herrschte hier "eine Atmosphäre der Verzweiflung". Hinzu kam, dass auch das politische Klima in den Seebädern deutlich rauer wurde. Sie bildeten zunehmend die aufgeladene Atmosphäre der Gesellschaft zwischen den Kriegen ab: Die Strände wurden politisiert. Bereits im ersten republikanischen Sommer hatte die Veröffentlichung eines Fotos des Reichspräsidenten Friedrich Ebert am Strand des Ostseebads Haffkrug für einen Skandal in Berlin und im übrigen Reich gesorgt.

Ab 1933 wehten die Hakenkreuzflaggen auch offiziell auf den Sandburgen an Nord- und Ostsee und im Badebetrieb hielt ebenso wie in allen anderen Bereichen des öffentlichen Lebens das Führerprinzip Einzug: 1937 wurde Rolf Capelle, ein hoher NSDAP-Funktionär, Kurdirektor der Ostseebäder. Auch die NS-Prominenz war gerne gesehen, um den Badeorten den entsprechenden Glanz zu verleihen: Hermann Göring gehörte zu den ständigen Gästen auf Sylt, das ehemalige Fischerdorf Kampen erhob ihn zum Ehrenbürger. Einige Seebäder hofften auf Besuchersteigerungen durch die Ernennung zum "KdF-Bad", zumeist handelte es sich bei den "KdFlern" jedoch nicht um die zahlungskräftige Kundschaft auf die Seebäder wie Westerland oder Travemünde warteten. Mit Kriegsausbruch schlossen die meisten Seebäder ihre Pforten.

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Bädertourismus
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