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Brief Mendel

Am 17. November 1938 schildert der jüdische Mendel Czapnik seinen schon nach Palästina ausgewanderten Eltern in einem Brief die Geschehnisse vom 9./10. November 1939 – der Reichspogromnacht – in Kiel:

„Liebe Eltern! Euren Brief habe ich erhalten. Ich kann Euch leider heute keine guten Nachrichten mitteilen. Gott sei Dank, dass ich gesund bin; mir ist nichts passiert und man hat mich nicht verhaftet und ins Konzentrationslager geschickt. Was hier vorgekommen ist, kann man Euch gar nicht schildern. Es wird Euch wahrscheinlich bekannt sein, dass ein gewisser Grünspan, ein jüdischer Jung von 17 Jahren, hat auf den jüdischen Botschafter in Paris geschossen, und dieser Botschafter von Rath ist tot. Daraufhin hat man sich hier an uns gerächt auf jede Weise, hier in Kiel und in alle Städte in Deutschland. Am Mittwoch nachmittag um 5 Uhr ist dieser Botschafter von Rath in Paris gestorben, und am Donnerstag morgen um 4 Uhr, heute vor 8 Tagen, hat man die hiesige Synagoge in Brand gesteckt... ... ...das Jammern war so groß. Jeder einzelne hat geweint, man hat sich kaum fassen können vor Weinen. .. Ich musste mein Gewerbe abmelden und die Kunden bezahlen nicht viele, und dabei hat man nicht, wohin laufen; Polen läßt nicht herein. ... Du schreibst, ich soll mich wenden zu der hiesigen Gemeinde, zu welcher Gemeinde? Die Gemeinde sitzt im Konzentrationslager, das Vermögen hat die boshafte Regierung beschlaggenommen. Es gibt auch kein Hilfsverein in Hamburg, denn in Hamburg ist dasselbe gewesen was in Kiel. ...Was wird sein der Schluß? Habet Ihr meinen letzten Brief von der Polenreise erhalten? Erwarte sofort Antwort. Die besten Grüße! Mendel“

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