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Ärztliche Hilfe

In Dänemark ist in der jüngsten Vergangenheit eine Forschungsdebatte entbrannt um die Verantwortung der dänischen Behörde und speziell der dänischen Ärzte an zahlreichen Todesfällen unter den deutschen Flüchtlingen; vor allem in den ersten Monaten vor der deutschen Kapitulation. 1945 starben in Dänemark etwa 13.000 Flüchtlinge, darunter über 7.700 Kinder unter 15 Jahre, die meisten in den ersten beiden Lebensjahren. Die offizielle und von der Forschung lange akzeptierte Erklärung für die zahlreichen Todesfälle war, dass die extremen Belastungen und die nicht ausreichende Ernährung auf der Flucht in der Folge zu den zahlreichen Todesfällen nach Ankunft in Dänemark geführt hätten. Der dänische „Freiheitsrat“ hatte Mitte März die dänische Ärzteschaft aufgefordert, keine Hilfe für deutsche Flüchtlinge zu leisten, da sie damit die „Kriegsführung“ der Deutschen erleichterten; Sanitätsdienst galt im Krieg als militärische Leistung, die die Besatzer selbst zu erbringen hatten. Der Ärzteverband schrieb wenige Tage später an seine Mitglieder: „Im Hinblick auf die augenblicklichen Verhältnisse im Lande ist der Ärzteverein nicht der Meinung, bei der Organisation jeglicher Art medizinischer Hilfe an den deutschen Flüchtlingen mitwirken zu können.“ Medizinische Hilfe für die Flüchtlinge wurde also mit Hinweis auf den deutschen Terror in Dänemark verweigert. Nach zähen Verhandlungen einigsten sich die deutschen und die dänischen Behörden Ende März darauf, dass deutsche Flüchtlinge in deutschen Lazaretten versorgt würden, außer bei Typhus, Flecktyphus oder Paratyphus. Außerdem sollten deutsche Flüchtlinge in Fällen von akuter Lebensgefahr auch in dänische Krankenhäuser aufgenommen werden. Diese Regelungen ließen jedoch Kinder unter fünf Jahren außer acht. Als Gegenleistung sollten die im Deutschen Reich inhaftierten Polizisten zurückgeschickt werden und den übrigen dänischen Gefangenen – insgesamt 4.000 Menschen – bessere Bedingungen eingeräumt werden. Die Historikerin und Ärztin Kirsten Lyloff wirft der dänischen Ärzteschaft in einer Untersuchung aus dem Jahr 1999 vor, mit der mangelnden medizinischen Unterstützung den „hippokratischen Eid“ (Gelöbnis, das die ethischen Leitsätze ärztlichen Handelns enthält) verletzt zu haben. Viele Kinder und Neugeborene seien gestorben, weil sie nicht in dänischen Krankenhäusern behandelt worden sind. Auch die Lebensbedingungen in den Lagern hätten das massive Kindersterben begünstigt, Epidemien seien – meist erst nach der Kapitulation – ausgebrochen, außerdem hätten die Kinder weniger als 2.278 Kalorien am Tag an Nahrungsmitteln erhalten. Lyloff kritisiert auch, dass die Flüchtlinge nicht auch bei Scharlach und Diphtherie in dänischen Krankenhäusern behandelt werden konnten. Thorkild Frederiksen beispielsweise hat die Vorwürfe zurückgewiesen: Die Strapazen der Flucht wirkten sich auf die Überlebenschance der Kinder aus, zudem seien sie in der damaligen Situation mit unehelichen Kindern gleich zu setzen, unter denen generell eine höhere Sterblichkeit verbreitet sei. Außerdem weist er daraufhin, dass der hippokratische Eid eine persönliche Erklärung sei und keine Relevanz bei Absprachen zwischen Behörden und Verbänden habe. Zusätzlich weist er auf einzelne Hilfeleistungen durch dänische Ärzte hin; dies hatte Lyloff nicht bestritten, aber als Ausnahme gewertet.
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