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Zitat Otto Engel

„Heute hatten wir ein Erlebnis mit einer älteren recht ‚schusseligen‘ Malerin. Als ich morgens an dem Bild bei der Hafeneinfahrt malte, pirschte sich eine Dame zu mir heran, sagte `Guten Morgen´ und belästigte mich bei der Arbeit durch das lange Zuschauen. Dann fing sie an von ‚nicht anregender Beleuchtung‘ zu reden, so dass mir schon schwante, dass sie eine Kollegin sei. War das schon verkehrt, denn es war eine wundervolle, zarte, etwas dunstige Sonnenstimmung, so ihr zweiter Versuch in ein Gespräch zu kommen, wenn sie sagte ‚das sind ja entzückende Birken hier‘, aber es waren doch nun einmal Pappeln. Schließlich platze sie heraus: ‚ich bin auch Malerin.‘ Sie fragte nun nach allem Möglichen über Unterkunft und Verpflegung, musste ihr sagen, wo wir Maler wohnten, wie sie am Besten ein paar holländische Kuffs, die vor dem Sund lagen, malen könnte. Ich gab ihr recht kurze Antworten, womit ich sie endlich los kriegte und wieder Ruhe hatte, mich in meine Arbeit zu vertiefen. Nach einer Weile hörte ich eine laute Frauenstimme von der Dampfschiffsbrücke her: ‚Aber halten Sie doch, nehmen Sie mich doch mit.‘ Das war wieder die Maltante, die zwei hinaus rudernden Fischern nach rief, aber ohne Erfolg. Etwa eine halbe Stunde später sah ich, wie sie der alte Schneider Skov zu den Kuffen ruderte. Wie ich zum Mittagessen heim kam, meldete mir schon Frau Schumann, dass eine Malerin gebeten habe, mit den Malern am Tisch zu essen, sie habe ihr zwischen Makler Jürgensen und dem jungen Zollassistenten Bohn gedeckt. Und richtig, wie ich in das Zimmer komme, sah ich schon die Kollegin im grauen Rock mit grau und braun gewürfelter Bluse, weißem offenen Stehkragen und blauem Schlips, dessen Schlaufe unterm linken Ohr saß, aus dem Knoten des grauen Haars guckte ein Schwänzchen heraus, die Suppe aus der Terrine geben. Das alte Würm schien wirklich glücklich zu sein, in eine Malergesellschaft hinein gefunden zu haben. Sie fing dann an zu raten, welchen Völkerstämmen wir angehören konnten, mich konnte sie nicht recht klar kriegen, löste ihr auch das Rätsel nicht. Dann riet sie auf den Beruf und das spezielle Gebiet darin. Damit ging es ihr ähnlich wie am Morgen mit der Birke, denn sie wollte selbst unseren guten Schiffsmakler Jürgensen, alias ‚Koggemann‘ für einen Maler und den Zollassistenten für einen Landmann ansehen, den alten Junggesellen Anton Nissen hielt sie für einen treu sorgenden Ehemann. Schließlich kamen wir aus dem Lachen nicht mehr heraus, solchen Spaß hatten wir mit der Maltante. Aber sie wich nicht von uns, sie fand sogar unser Plätzchen im Garten, wo wir den Kaffee zu trinken pflegen. Nissen scheint sie besonders ins Herz geschlossen zu haben, ihm hat sie noch abends vor ihrer Abreise nach Glücksburg vorgeschwärmt, wie ihr Ekensund gefiele, und wie wohl ihr der Verkehr mit Kollegen täte und sich auf die Gelegenheit freue, ihnen beim Malen zuzusehen und von ihnen zu lernen. Hoffentlich kommt sie aber nicht wieder, eine Klette während der Arbeit könnte ich nicht ertragen.“

Otto H. Engel berichtet in einem Brief an seine Frau von einem Besucher einer weiblichen Kollegin in Ekensund im September 1899. Der Brief gibt Aufschluss über die Vorbehalte, die die männlichen Maler in Ekensund gegenüber Malerinnen haben.

Quelle: Zit. nach: Schulte-Wülwer, Ulrich: Künstlerkolonie Ekensund am Nordufer der Flensburger Förde. Heide 2000, S. 34f.

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