„Nach Überwindung vielfacher Hindernisse, welche sich der Errichtung der Familienbäder immer wieder entgegenstellten, konnte endlich gestern, Sonnabend, nachdem die verlängerte Wandelbahn fertiggestellt war, der neue Familienbadestrand der Öffentlichkeit zur Benutzung übergeben werden. Trotz ungünstiger Witterung war die Beteiligung schon in den ersten Stunden eine sehr lebhafte, so daß alsbald ein recht munteres Leben und Treiben am Familienbadestrand stattfand. Das gemeinschaftliche Baden vollzog sich in fröhlicher Stimmung aller Badenden und in tadelloser Ordnung. Alle Vorurteile und Befürchtungen, welche allzu ängstliche Gemüter schon im voraus beunruhigt hatten, wurden glänzend widerlegt. In der lebensvollen Wirklichkeit sieht ein Familienbad ganz anders aus, als auf dem Papier und in den Köpfen. Das auf den ersten Blick für manchen wohl ungewöhnliche Schauspiel des gemeinsamen Badens bot ein Bild unendlicher Harmlosigkeit. Wer könnte sich etwas Einfacheres, Natürlicheres, Menschlicheres denken? Viele werden sich im stillen erstaunt gefragt haben, warum diese Einrichtung nicht schon längst früher bestand? Und schon in wenigen Tagen, wenn der erste Reiz verflüchtigt ist, wird kein Wort mehr laut werden über das Familienbad, welches jeder als selbstverständlich empfinden und für sich selbst in Anspruch nehmen wird. Wer diese herzerfreulichen Familienszenen im Bade sehen und die jauchzenden Kinder im Spiel der Wellen, geschützt von ihren beglückten Eltern, beobachten konnte, dem musste sich unwillkürlich die Überzeugung aufdrängen, daß die Einrichtung solcher Familienbäder tatsächlich einem Bedürfnisse entspricht, welches längst empfunden wurde. Früher wurden Familienmitglieder durch getrennte Badeplätze oft halbe Tage voneinander entfernt gehalten; heute vereinigt der Familienstrand alle Angehörigen, um sich gegenseitig im Bade unterstützen zu können. Schon am ersten Tag wäre der Zuspruch ein bedeutend größerer gewesen, hätte es nicht an den erforderlichen Badeanzügen gefehlt. Aber der geringe Vorrat in den Geschäftsläden Westerlands war bei der lebhaften Nachfrage alsbald ausverkauft. Inzwischen sind neue Sendungen angelangt, und die Badeverwaltung hat andererseits auch Vorsorge getroffen, daß an der Wäschehalle am Strande Badeanzüge entliehen werden können. Nach den ersten Eindrücken zu urteilen, wird der 26. Juli des Jahres 1902 jedenfalls einen bedeutenden Wendepunkt in der Entwicklungsgeschichte unseres Nordseebades bilden“.